Man sollte es. – Doch lest Toni´s Geschichte aus Imke´s Sicht.
Toni´s Geschichte:
Ich habe lange überlegt, ob ich Toni´s Geschichte schon schreiben kann, da wir, wie Helga so schön sagen würde, noch nicht das Abitur haben sondern vielmehr – vielleicht Grundschule 3. Klasse. Aber das hat auch was positives, denn Toni und ich wollen unser ganzes Leben zusammen etwas lernen und es wäre schlimm, wenn wir schon am Ende wären. Durch die Hundeschule (Helga und Claudia) habe ich das „Reden“ mit Toni gelernt. Es ist zwar manchmal nicht einfach und wir verstehen uns manchmal wirklich nicht und sind nicht einer Meinung. Aber das passiert mir mit Tom (der Dritte in unserer Familie) auch des öfteren. Und so wie ich Tom um den Finger wickle (fällt mir als Frau natürlich leicht) versucht es Toni mit mir. Nur, Toni kann richtig stur sein…….auch wenn er so süss und goldig aussieht.
Jetzt aber erstmal der Anfang:
Toni kam im August 2003 zu uns. Es war weder geplant noch beabsichtigt, sondern ist einfach so passiert. Man hat nicht überlegt (Gott sei Dank), nein er war vielmehr plötzlich in unserem Leben. Tom sagt immer zu mir, „Toni hat´s entschieden zu uns zu kommen, indem er Dich auserkoren hat.“
Toni ist ein kleiner Spanier, und das passt wirklich zu ihm. Er tänzelt beim laufen und man hat manchmal den Eindruck er schwebt über den Boden. Man bemerkt ihn oft nicht. Er ist ganz plötzlich einfach da und dann soll sich bitte schön alles um ihn drehen.
Die Vorgeschichte kann man nur vermuten. Er ist mit einem Jahr von der Straße geholt worden und war vermutlich ein Einzelgänger. Er war zu Beginn sehr ängstlich gegenüber Kindern und Männern. Ich wüsste zu gern, wie er in seinem ersten Jahr gelebt hat.
Auf jeden Fall hat Toni für mich das Gerücht „Ach ein Hund aus Spanien … völlig unproblematisch“ völlig widerlegt. Toni war vermutlich ein Jahr auf sich gestellt. Warum sollte er plötzlich anders leben? Bisher ging alles nach seinem Kopf. Wenn er irgendwohin wollte, ist er dorthin gegangen. Warum plötzlich auf jemanden hören? Was sollte er davon haben? Und das war zunächst das erste Problem. Von der Leine lassen war erst mal nicht möglich, besser gesagt ein völliges Desaster. Nachdem er uns dann in unserem Urlaub in Italien eine Schnellstraße lahmgelegt hatte, weil er umherirrend in eigener Panik zwischen den Auto´s den Stillstand herbeigeführt hatte, war Leinenfreiheit erstmal Tabu. Es war das Glück was man manchmal hat und das man nicht ein zweites Mal herausfordern sollte. Tom hat ihn gerettet indem er strümpfig aus der Wohnung über den Schotterweg auf die Straße rannte, alle Autos anhielt und Toni wieder einfing.
Und dann kamen wir, wie es der Zufall als so will, zu Helga in die erste Gruppenstunde – und es war schrecklich. Toni hat sage und schreibe die ganze Stunde gebellt. Ich dachte, was ist das denn, dass kann ja jetzt wirklich nicht sein. Keiner konnte Helga´s Anweisungen akustisch verstehen, weil Toni bellte, bellte und bellte. Ich war darauf nicht vorbereitet, was das ganze noch verschlimmerte weil ich selber in Panik geriet und genervt war. Das hat sich natürlich wieder auf den Hund übertragen. Ich kannte Toni so nicht. Bei unseren bisherigen „einsamen“ Waldspaziergängen hat sich Toni eigentlich relativ „normal“ gezeigt. Aber was ist schon normal, wenn man keine Ahnung hat. Die vielen Hunde und Menschen in der Gruppenstunde haben ihn wohl völlig irritiert. Das Bellen war vermutlich pure Angst. Da hatten wir dann unser zweites Problem.
Es bestärkte mich, dass nun irgendwas passieren musste. Ab Mitte Oktober fingen wir dann richtig an, regelmäßig an den Gruppenstunden teilzunehmen. Ich darf an die ersten Male nicht mehr denken. Da ich immer der lauteste Teilnehmer war (alle anderen waren bestimmt immer „begeistert“, wenn ich kam) hat sich unser zu Beginn Claudia angenommen. Mit ihrer Ruhe und Gelassenheit wurde auch ich mit der Zeit ruhiger und ich weiß nicht mehr wie lange es gedauert hat, aber irgendwann war auch Toni still.
Nun wieder zu unserem Leinenproblem bzw. “muss ich kommen, wenn Frauchen ruft“. Hierzu ist folgendes anzumerken: Toni liebt den Fun-Faktor. Das ist immer super. Spielen ist super und wo was los ist. will Toni auch sein … Frauchen – was ist das? Da beschäftige ich mich später mit, wenn´s Fressen gibt. Folglich hat Toni am Anfang in den Spielphasen mit den anderen Hunden nicht einmal nach mir geschaut. Wenn ich mich versteckt hatte, hat mich keiner vermißt, und schon gar nicht Toni. Aber mit der Zeit fing er an, sich an mich (natürlich auch an Tom) zu gewöhnen. Wir waren ja schließlich jeden Tag da. Eine völlig neue Situation für Toni. Vielleicht hat er erkannt, dass es bei uns ja doch nicht so übel ist (wäre schön). Und so fing er irgendwann mal an, ab und zu nach mir zu gucken. So trauten wir uns dann auch bei unserer ersten Hundewanderung auf den Dilsberg im Dezember teilzunehmen. Es kam wie es kommen mußte. 33 Hund waren zu Beginn anwesend. Auf dem Rückweg waren es nur noch 32. Wer fehlt? Richtig – Toni. Jetzt kann ich drüber lachen, aber damals war es furchtbar. Das einzige was mich vor einem Hysterieanfall bewahrte, war die Ruhe von Tom, den anderen Hundebesitzer und vor allem von Helga. Ich dachte nur, wenn Helga (sie wollte einfach nur stehen bleiben) so cool bleibt, kann es nicht so schlimm sein. Sie hat sich allerdings umentschieden, nachdem Sie die Panikattacke bei mir bemerkt hatte, und wir sind ihn „suchen“ gegangen. Wir fanden ihn im Ort Dilsberg, wie er so durch die Straßen „streunte“ wie wohl früher. Insofern ging´s ihm auch gut. Er war weder verängstigt noch panisch. Ich glaub, er fand es ganz nett als wir mal kamen. Ihr braucht nicht zu glauben, dass er danach nicht mehr von meiner Seite wich. Toni holt, glaub ich, aus jeder Situation das Beste für sich heraus. Und in dem Moment wurde mir klar, Toni will nicht betüttelt und umsorgt werden, er überlebt egal was passiert. Er hat es ein Jahr gelebt. Und es konnte einfach nicht sein, dass ich kurz vom Nervenzusammenbruch stand (leicht übertrieben), und mein Hund so lalala durch die Gegend lief, wie es ihm gerade in den Sinn kam. Es wurde mir bewusst, dass Toni sich bei uns einzufügen hat – und zwar nach unseren Regeln und nicht nach seinen: „Komm ich jetzt nicht, komm ich später“. Er hat seine Pflichten genauso zu erfüllen wie wir und dann passts.
Nachdem wir (erst) knapp ein dreiviertel Jahr Hundeschule hinter uns haben, bin ich glücklich einen Hund zu haben, der im Wald frei laufen kann, der mittlerweile jedes Reh im Wald für mich stehen läßt und mit einer Freude auf mich zugeschossen kommt, wenn ich ihn abpfeife. Wir wissen, dass wir noch sehr viel lernen müssen. Das Wichtigste ist Geduld und Konsequenz, das hat mir Helga gleich in der ersten „bellenden“ Hundestunde gesagt. Und sie hat Recht. Die kleinen wenigen Schritte zu Beginn, die man kaum wahrnimmt, werden plötzlich größer. Und auf einmal kann man sagen, es hat sich gelohnt und es wird sich weiterhin lohnen. Liebe Helga, liebe Claudia, vielen Dank für Eure Mühen.